Flucht- und Rettungswege
Die maximale Fluchtweglänge zu einem Ausgang ins Freie beträgt 35 m.
Einzelne Räume dürfen zu Nutzungseinheiten zusammengefasst werden, wenn Sie in einem funktionellen Zusammenhang zu einander stehen. Beispiel sind die Zimmer einer Wohnung oder Keller- und Bastelräume. Innerhalb der Nutzungseinheit darf der Fluchtweg über mehrere angrenzende Räume führen.
Spezialfall: Wenn der horizontale Fluchtweg zu mindestens zwei separaten Ausgängen ins Freie oder in Treppenhäuser führt, darf der Fluchtweg (bestehend aus dem horizontalen Fluchtweg und dem Weg im Raum) 50 m betragen. Der Fluchtwegteil innerhalb der Nutzungseinheit darf jedoch auch in diesem Fall 35 m nicht überschreiten.
Berechnung der Länge von Fluchtwegen
Breite von Fluchtwegen und Ausgängen
Ein horizontaler Fluchtweg muss mindestens 120 cm breit sein; Türen im Fluchtweg müssen eine Durchgangsbreite von 90 cm aufweisen.
Türen
Innerhalb einer Wohnung gibt es keine Anforderungen an Türen.
Wohnungseingangstüren müssen mindestens 90 cm breit und 2 m hoch sein.
Hauseingangstüren müssen nur dann in Fluchtrichtung öffnen, wenn sie zu mehr als 10 Wohnungen führen.
Schliess-Systeme
Bei Türen in Fluchtwegen, die abgeschlossen werden, müssen Schliess-Systeme nach SN EN 179 oder SN EN 1125 eingesetzt werden.
Ausgenommen sind Wohnungseingangstüren und Türen zu Nebenräumen wie Lager, Technik- oder Kellerräumen.
Treppenhäuser und Treppen
Mindestens zwei vertikale Fluchtwege (Treppenhäuser) sind vorgeschrieben:
- wenn die Geschossfläche grösser als 900 m² ist
- aus Räumen, in denen mehr als 100 Personen sein können
Vertikale Fluchtwege (Treppenhäuser) dürfen nicht geschossweise versetzt sein. Das heisst die einzelnen Treppenläufe müssen ohne grössere Unterbrüche so untereinander angeordnet sein, dass für die Flüchtenden jederzeit klar ist, wo die Treppe weitergeht.
An Treppen innerhalb derselben Wohnung werden keine Anforderungen gestellt.
Für Treppenhäuser gilt:
- Die lichte Durchgangshöhe muss mindestens 2,1 m betragen.
- Geradläufige Treppen inklusive deren Podeste müssen mindestens 1,2 m breit sein. Wenn die Treppen maximal ein Ober- und ein Untergeschoss erschliessen, darf ihre Breite auf 0,9 m reduziert werden.
- Wendeltreppen mit einer Breite von 1,5 m sind zulässig, wenn die innere Auftrittsbreite mindestens 0,15 m aufweist.
Anforderungen an Baustoffe in Fluchtwegen
- In horizontalen und vertikalen Fluchtwegen sind grundsätzlich Baustoffe der Brandverhaltensgruppe RF1 gefordert.
- Bei Wand- und Deckenverkleidungen in horizontalen Fluchtwegen sind Baustoffe der Kategorie RF3 zugelassen, wenn sie auf der Sichtseite des Raumes mit einer Brandschutzplatte mit 30 Minuten Feuerwiderstand aus Baustoffen der Kategorie RF1 bekleidet sind.
- Dämm- und Zwischenschichten in Treppenhäusern müssen aus Baustoffen der Kategorie RF1 bestehen. Einzelne lineare Bauteile RF3 sind in Treppenhäusern zugelassen.
- Baustoffe RF2 sind in horizontalen Fluchtwegen als Wand- und Deckenbekleidungen zulässig.
- Dämm- und Zwischenschichten dürfen aus Baustoffen RF3 bestehen.
Holz und andere brennbare Baustoffe
In Fluchtwegen sind brennbare Baustoffe in geringen Anteilen erlaubt (z. B. Flächenleuchten, Pinnwände, Bekleidungen, Geländerfüllungen oder Schallschutzelemente).
Maximal erlaubter Flächenanteil von brennbaren Baustoffen:
- pro Geschoss in vertikalen Fluchtwegen: 10 % der Treppenhausgrundfläche
- in horizontalen Fluchtwegen: 10 % der Grundfläche des betrachteten horizontalen Fluchtweges.
Die Flächen dürfen maximal 2 m² gross sein und müssen voneinander einen Sicherheitsabstand von mindestens 2 m aufweisen. Hölzerne Türen, Fenster und Handläufe sowie einzelne sichtbare Holzbalken sind erlaubt und werden bei dieser Berechnung nicht berücksichtigt.
Treppen und Podeste dürfen nicht mit brennbaren Baustoffen gebaut werden.
Detaillierte Anforderungen zur Verwendung von Baustoffen in Fluchtwegen siehe Brandschutzrichtlinie 14-15 «Verwendung von Baustoffen», Kap.4.2.
Bildung von Brandabschnitten und Feuerwiderstand
Vertikale und horizontale Fluchtwege müssen als eigene Brandabschnitte ausgebildet sein.
Horizontale Fluchtwege (Korridore) müssen von vertikalen Fluchtwege (Treppenhäuser) mit Brandschutztüren abgetrennt werden.
Offene Treppenhäuser ohne Brandschutztüre zum Korridor sind erlaubt, wenn:
- die Geschossfläche pro Treppenhaus nicht grösser als 900 m² ist,
- der Korridor zwischen den Treppenhäusern feuerwiderstandsfähig unterteilt ist,
- die Korridore hinsichtlich Materialisierung, Feuerwiderstand und Aktivierungsgefahr dieselben Anforderungen wie die Treppenhäuser erfüllen.
Horizontale Fluchtwege(Korridore), die länger als 50 m sind, müssen mit Brandschutzabschlüssen unterteilt werden. Der Brandschutzabschluss sollte möglichst in der Mitte zwischen den Treppenhäusern angebracht werden.
Feuerwiderstand (mit und ohne Löschanlagenkonzept)
- Horizontale Fluchtwege: EI 30
- Vertikale Fluchtwege: REI 30
Schaltgerätekombinationen in Fluchtwegen
Für Schaltgerätekombinationen (SK) in Fluchtwegen gelten besondere Brandschutzanforderungen.
Ausnahmen sind Korridore innerhalb von Nutzungseinheiten, zum Beispiel bei Wohnungen. Dort müssen für Schaltgerätekombinationen (SK) keine speziellen Brandschutzmassnahmen umgesetzt werden.
Die folgenden Bestimmungen gelten für den Kanton Bern.
Neubauten, umfassende Umbauten oder Umnutzungen
Im Treppenhaus (vertikaler Fluchtweg) sind die Anforderungen abhängig von der Grösse der Front des Gehäuses:
- Bei einer Front bis 1,5 m² muss das Gehäuse der SK die Schutzart IP 4X erfüllen (siehe Norm DIN EN 60529), aus Baustoffen der Brandverhaltensgruppe Kategorie RF1 bestehen und den Feuerwiderstand EI 30 aufweisen. Kabelverschraubungen dürfen mit Baustoffen der Brandverhaltensgruppe Kategorie RF3 (cr) abgedichtet werden.
- Ist die Front grösser als 1,5 m², muss eine SK mit einem VKF-anerkannten Brandschutzabschluss mit Feuerwiderstand EI 30 aus Baustoffen der Brandverhaltensgruppe Kategorie RF1 abgetrennt werden.
- Wenn sich die SK in einem geprüften Gehäuse mit Schutzart IP 5X oder höher befindet, ist kein zusätzlicher Brandschutzabschluss nötig. Voraussetzung ist, dass das Gehäuse den Feuerwiderstand EI 30 aufweist und aus Baustoffen der Brandverhaltensgruppe Kategorie RF1 besteht. Dies gilt unabhängig von der Grösse des Gehäuses.
In horizontalen Fluchtwegen, die von den vertikalen Fluchtwegen mit einem Brandabschluss abgetrennt sind, müssen SK in Gehäuse der Schutzart IP 4X aus Baustoffen der Brandverhaltensgruppe Kategorie RF1 eingebaut werden.
Kabelverschraubungen dürfen mit Baustoffen der Brandverhaltensgruppe Kategorie RF3 abgedichtet werden.
Kabel
- In horizontalen Fluchtwegen ist eine maximale Brandbelastung aufgrund der Kabel von 200 MJ/Laufmeter zulässig. Eine Brandbelastung von 200 MJ/Laufmeter ergibt sich z.B. bei 60 bis 70 Elektrokabel (4 x 1.5 mm² oder 3 x 1.5 mm²). Örtlich sind höhere Werte zulässig.
- Die Brandschutzbehörde kann Nachweise für die Berechnung der Brandbelastung verlangen.
- Kabel mit kritischen Verhalten (cr) dürfen nicht eingesetzt werden.
Kontrolliert werden diese Brandschutzmassnahmen von der Brandschutzbehörde (im Kanton Bern Brandschutzexperte der GVB oder Feueraufseher der Gemeinde).
Kleine Umbauten, bei denen die SK unverändert bleiben
Beim Umbau sind keine speziellen Massnahmen nötig. Bei der periodischen Elektrokontrolle kann jedoch das unabhängige Kontrollorgan (Elektrokontrolleur) zusätzliche Brandschutzmassnahmen fordern.
Kontrolliert werden diese Brandschutzmassnahmen durch den Elektrokontrolleur.
Ersatz oder Erweiterung der SK
Für ein neues Gehäuse sind Baustoffe der Brandverhaltensgruppe Kategorie RF1 gefordert.
Ein bestehendes Gehäuse aus brennbaren Baustoffen muss mindestens innen mit Baustoffen der Brandverhaltensgruppe Kategorie RF1 wärmeisolierend ausgekleidet werden, zum Beispiel mit Brandschutzplatten BSP 30 (Brandverhaltensgruppe Kategorie RF1).
Kontrolliert werden diese Massnahmen von einem unabhängigen Kontrollorgan (Elektrokontrolleur).
Markierung von Ausgängen und Fluchtwegen
Bis zu einer Belegung von 300 Personen ist die Markierung von Fluchtwegen und Notausgängen nicht vorgeschrieben, aber auf jeden Fall zu empfehlen.
Rettungszeichen und Sicherheitsbeleuchtung richtig anbringen
Ausgänge, die nicht sofort als solche erkennbar sind oder nur in Notfällen benutzt werden, müssen klar gekennzeichnet sein.
Richtungsanzeiger sind gefordert, wenn:
- die Fluchtrichtung nicht sofort ersichtlich ist,
- sich Personen aufhalten, die mit den örtlichen Verhältnissen nicht vertraut sind.
Informationen dazu finden Sie im Abschnitt «So müssen Rettungszeichen gestaltet sein».
Die Kennzeichnung muss leicht erkennbar und so angeordnet sein, dass von jedem Standort eines Raumes mindestens ein Rettungszeichen sichtbar ist.
Dekorationen oder andere Einrichtungen dürfen die Sicht auf die Rettungszeichen nicht behindern.
Andere Zeichen oder Beschriftungen und Spiegel dürfen nicht ablenken oder zu Verwechslungen führen.
Die Rettungszeichen zur Kennzeichnung von Fluchtwegen und Ausgängen müssen quer zur Fluchtrichtung auf Türsturzhöhe angebracht sein.
Beispiel Notausgangstüre
So müssen Rettungszeichen gestaltet sein
Die Pfeilrichtung zeigt dem Flüchtenden die Fluchtrichtung an. Die Personen müssen sich auf eine unmittelbare, korrekte Richtungsangabe verlassen können. Grundsätzlich darf eine Richtungsangabe nie im Voraus angegeben werden. Hinweise wie «Hinter der Türe geht es abwärts» sind nicht zulässig. Es muss immer die unmittelbare Situation gekennzeichnet werden.
Damit Rettungszeichen sprachunabhängig und weltweit einheitlich sind, sollten Textschilder wie «EXIT», «NOTAUSGANG» und «SORTIE SECOURS» nicht mehr eingesetzt werden. Ausnahmen müssen durch die zuständige Behörde bewilligt werden.
Innerhalb eines Gebäudes müssen die Rettungszeichen einheitlich sein.
Gültige Symbole
International genormte und registrierte Rettungszeichen sind in der Norm SN EN ISO 7010 enthalten.
Weitere Informationen (rechte Spalte)
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