Gebäudehülle und Gebäudeausbau
Baustoffe werden auf Basis ihres Brandverhaltens in eine Kategorie eingeteilt. Die Kategorien reichen von RF1 (kein Brandbeitrag) bis RF4 (unzulässiger Brandbeitrag).
Konstruktionen aus Einzelschichten, die brennbare Baustoffe enthalten, werden als Ganzes der Kategorie RF1 zugeordnet, wenn sie allseitig K30-RF1 gekapselt sind. Erforderliche Sicherheitsabstände zu Feuerungsaggregaten, Abgasanlagen usw. sind ab Aussenkante der Kapselung einzuhalten.
Baustoffe der Kategorie RF4 (cr) sind nur zulässig, wenn sie hohlraumfrei und auf allen Seiten K30 gekapselt eingebaut werden. Ausnahmen sind Textilien von Beschattungseinrichtungen (≤ 0,6 mm), die nicht in vertikalen Fluchtwegen montiert sind.
Bauprodukte müssen dauerwärmebeständig sein, wenn am Ort ihrer Verwendung mit Temperaturen von > 85 °C gerechnet wird.
Abgrenzung Gebäudehülle und Gebäudeausbau
A Aussenwandkonstruktion
B Aussenwandbekleidungssytem
C Aussenwand
D Innenbekleidung
E Aussenwandbekleidung
F Unterkonstruktion
G Hinterlüftungsraum
H Aussendämmebene
Gebäudehülle
Die Baustoffe des Aussenwandbekleidungssystems müssen mindestens folgenden Kategorien entsprechen, dies gilt sowohl für bauliche Konzepte als auch für Löschanlagenkonzepte:
- Aussenwandbekleidung, Wärmedämmschicht, Zwischenschicht: RF3 (cr)
- Lichtbänder: RF3
- Klassifiziertes System: RF3 (cr). Wenn als Innenraumbekleidung die innere Abdeckung genutzt wird und diese kritische Baustoffe enthält, ist eine raumseitige Abdeckung gefordert (Dicke 5 mm in RF3, 3 mm in RF2 oder 0,5 mm in RF1).
Hinterlüftete Fassaden
Wenn die Aussenwandbekleidungen und/oder die Dämmstoffe im Hinterlüftungsbereich aus brennbaren Materialien bestehen, müssen hinterlüftete Fassaden mit einer von der VKF anerkannten oder gleichwertigen Konstruktion ausgeführt werden.
Aussenwandbekleidungen dürfen mit linearen Unterkonstruktionen aus Baustoffen der Kategorie RF3 befestigt werden.
Punktuelle Befestigungen bzw. Rückverankerungen von hinterlüfteten Fassaden, die sich innerhalb der Wärmedämmung befinden, müssen mindestens aus Baustoffen der Kategorie RF3 (cr) bestehen.
Horizontale Brandschutzmassnahmen
Ein Brand darf sich bis zum Löschangriff der Feuerwehr über nicht mehr als zwei Geschosse oberhalb der Brandetage ausbreiten – so lautet das Schutzziel. Um dieses zu erreichen, müssen hinterlüftete Fassaden bei Gebäuden mit vier und mehr Geschossen horizontal unterteilt werden. Dazu werden bei jedem Geschoss Schürzen oder Abschottungen installiert.
Bei Balkonböden, die nicht direkt an die Aussenwand montiert sind, müssen die Schürzen oder Abschottungen durchgehend installiert werden.
Schliesst der Balkonboden direkt an die Aussenwand an, wird die Hinterlüftung dadurch unterteilt. In diesem Fall sind keine Schürzen oder Abschottungen nötig. Voraussetzung ist, dass der Anschluss gemäss der Lignum-Dokumentation ausgeführt ist.
Vertikale Brandschutzmassnahmen
In Ergänzung zu den horizontalen Brandschutzmassnahmen (Schürzen oder Abschottungen) muss der Hinterlüftungshohlraum bei allen Fassadentypen vertikal unterteilt werden.
Diese vertikalen Brandschutzmassnahmen sind in folgenden Bereichen erforderlich:
- Brandabschnittsbildende Wände
- Gebäudeecke (Aussen- oder Innenecke)
- Wechsel des Fassadentyps oder Bekleidungssystems innerhalb einer Fassadenfläche
- Brandmauer
Details zur Ausführung der horizontalen und vertikalen Brandschutzmassnahmen gibt die Lignum-Dokumentation 7.1 «Aussenwände – Konstruktion und Bekleidungen». Die Lignum-Dokumentation 7.1 basiert auf den Brandschutzvorschriften 2003 und wird derzeit überarbeitet. Im Kanton Bern darf die Dokumentation in Absprache mit der Gebäudeversicherung Bern sinngemäss angewandt werden.
Steil- und Flachdächer
Zu Varianten 6 und 7: Die Fläche ist auf 600 m² begrenzt. Grössere Flächen sind zulässig, wenn die Wärmedämmschicht mit mindestens 2 m breiten Wärmedämmstreifen der Kategorie RF1 in Felder aufgeteilt wird, die kleiner als 600 m² sind.
Die oberste Schicht von Dächern darf aus brennbaren Baustoffen bestehen. So sind zum Beispiel Holzschindeln auf Steildächern erlaubt. Voraussetzung ist, dass der Unterbau den Brandschutzanforderungen genügt.
Brennbare, lichtdurchlässige Elemente in Dächern sind mit folgenden Einschränkungen zulässig:
- Baustoffe mindestens Kategorie RF3
- Flächenanteil maximal 30 %
- Teilflächen max. 120 m² (in Fluchtwegen maximal 40 m²), Abstand zwischen den Teilflächen mindestens 2 m
Für lichtdurchlässige Elemente aus Baustoffen der Kategorie RF1 besteht keine Flächenbeschränkung.
Terrassenböden, die nicht vollflächig geschlossen sind und auf einer brennbaren obersten Schicht (Deckung) aufliegen, sind von dieser mit einer durchgehenden Schicht aus Baustoffen der Kategorie RF1 zu trennen.
Ist innerhalb einer Dachkonstruktion eine Brandschutzplatte mit 30 Minuten Feuerwiderstand erforderlich, um einen Durchbrand der Dachkonstruktion von aussen zu verhindern, kann anstelle der Platte auch eine EI 30-Dachkonstruktion eingesetzt werden.
Gebäudeausbau
In Innenräumen, also für Wände, Decken, Stützen, Dämmschichten oder Treppen und Podeste, gilt die Mindestanforderung der Kategorie RF3.
In Räumen, die mit mehr als 300 Personen belegt werden können, müssen Deckenbespannungen aus Baustoffen der Kategorie RF1 (bei einem Löschanlagenkonzept Kategorie RF2) bestehen. Ausnahme: Wenn die Deckenbespannungen mehr als 5 m über der begehbaren Fläche liegen, dürfen Baustoffe der Kategorie RF2 (bei einem Löschanlagenkonzept Kategorie RF3) eingesetzt werden.
Anstriche, Wandbekleidungen, Furniere oder andere Beschichtungen dürfen aus brennbaren Baustoffen bestehen, wenn sie nicht dicker als 1,5 mm sind. In diesem Fall werden keine Anforderungen an das Brandverhalten der Beschichtungen gestellt.
Baustoffe mit kritischem Verhalten (cr)
In Fluchtwegen sind Baustoffe (cr) in keinem Fall zugelassen.
In folgenden Fällen dürfen Baustoffe mit kritischem Verhalten (cr) im Innern von Gebäuden und Anlagen raumseitig ohne Abdeckung verwendet werden:
- Bodenbeläge (ausgenommen sind horizontale und vertikale Fluchtwege)
- Zeltwände
- Kabel und zugehörige Elektrorohre (ausgenommen sind horizontale und vertikale Fluchtwege)
- reaktive Brandschutzbeschichtungen
- feuerwiderstandsfähige Fugen und Abschottungen
- Beschichtungen wie Anstriche, Wandbekleidungen, Furniere, deren Materialstärke maximal 1,5 mm beträgt
- Dämmschutzschichten (z. B. Winddichtungen, Trennschichten), Dampfbremsen, Kaschierungen von Wärmedämmschichten
- Ummantelungen von Rohrdämmungen 0,6 mm (ausgenommen sind vertikale Fluchtwege)
- Rohrdämmungen in Technikräumen.
In allen anderen Fällen müssen Baustoffe mit kritischem Verhalten (cr) raumseitig vollflächig abgedeckt werden.
Die minimal geforderte Materialstärke hängt vom Baustoff der Abdeckung ab:
- Kategorie RF1: 0,5 mm
- Kategorie RF2: 3 mm
- Kategorie RF3: 5 mm
Für Fluchtwege gelten strengere Anforderungen. Dabei wird unterschieden, ob der Brandschutz mit einem baulichen Konzept oder mit einem Löschanlagenkonzept gewährleistet wird. Zudem sind die Anforderungen an vertikale (Treppenhaus) und horizontale (Fluchtkorridor) Fluchtwege unterschiedlich.
Anforderungen an Baustoffe in Fluchtwegen
- In horizontalen und vertikalen Fluchtwegen sind grundsätzlich Baustoffe der Brandverhaltensgruppe RF1 gefordert.
- Bei Wand- und Deckenverkleidungen in horizontalen Fluchtwegen sind Baustoffe der Kategorie RF3 zugelassen, wenn sie auf der Sichtseite des Raumes mit einer Brandschutzplatte mit 30 Minuten Feuerwiderstand aus Baustoffen der Kategorie RF1 bekleidet sind.
- Dämm- und Zwischenschichten in Treppenhäusern müssen aus Baustoffen der Kategorie RF1 bestehen. Einzelne lineare Bauteile RF3 sind in Treppenhäusern zugelassen.
- Baustoffe RF2 sind in horizontalen Fluchtwegen als Wand- und Deckenbekleidungen zulässig.
- Dämm- und Zwischenschichten dürfen aus Baustoffen RF3 bestehen.
Holz und andere brennbare Baustoffe
In Fluchtwegen sind brennbare Baustoffe in geringen Anteilen erlaubt (z. B. Flächenleuchten, Pinnwände, Bekleidungen, Geländerfüllungen oder Schallschutzelemente).
Maximal erlaubter Flächenanteil von brennbaren Baustoffen:
- pro Geschoss in vertikalen Fluchtwegen: 10 % der Treppenhausgrundfläche
- in horizontalen Fluchtwegen: 10 % der Grundfläche des betrachteten horizontalen Fluchtweges.
Die Flächen dürfen maximal 2 m² gross sein und müssen voneinander einen Sicherheitsabstand von mindestens 2 m aufweisen. Hölzerne Türen, Fenster und Handläufe sowie einzelne sichtbare Holzbalken sind erlaubt und werden bei dieser Berechnung nicht berücksichtigt.
Treppen und Podeste dürfen mit brennbaren Baustoffen (RF2) gebaut werden.
Detaillierte Anforderungen zur Verwendung von Baustoffen in Fluchtwegen siehe Brandschutzrichtlinie 14-15 «Verwendung von Baustoffen», Kap.4.2.
Weitere Informationen (rechte Spalte)
- Das Wichtigste in Kürze
- Gebäudehülle und Gebäudeausbau
- Schutzabstände, Brandabschnitte und Tragwerke
- Flucht- und Rettungswege
- Einstellräume für Motorfahrzeuge
- Brandschutzanlagen (Feuerlöscher, Blitzschutz, BMA & Co.)
- Heizungen, Öfen und Cheminées
- Abluft in der Küche
- Aufzüge
- Solaranlagen auf Dächern
- Photovoltaik an Fassaden
- Nebenbauten
- Qualitätssicherung
- Vermietung von Wohnraum an Touristen und Beherbergungen